Am Limit
Herausforderung Pharmaaußendienst
@Home
Im März 2020 wurden von einem Tag auf den anderen tausende Pharmareferenten über Nacht dazu verbannt, zuhause zu bleiben. Verbannung ist das richtige Wort, weil für den Außendienst, die Tatsache, nicht mehr rausfahren zu können, eine Strafe ist. Ab sofort war man zuhause. Stillstand in einer ganzen Branche.
Keine Arbeit
Kaum eines der großen Pharmaunternehmen hat hier, im Gegenteil z.B. zur Automobilindustrie, Kurzarbeitergeld beantragt. Kurzarbeitergeld wäre hier auch irgendwie das falsche Wort – es gab kurz nach dem Lockdown einfach keine Arbeit für den Außendienst. Das, was vor Corona an alternativen Zugängen – zusätzlich zu den persönlichen Gesprächen – mit den Ärzten vorhanden war, beschränkte sich meist auf E-Mails, ab und zu WhatsApp oder Telefonaten und war bei weitem nicht dazu geeignet, einen Arbeitstag zu füllen.
Digitalisierung einer ganzen Branche in Lichtgeschwindigkeit
Diese Phase war jedoch nur von kurzer Dauer. In einer unglaublichen Geschwindigkeit wurde die komplette Branche und damit alle Außendienstmitarbeiter digitalisiert. Der Zugang zu den Kunden, also den Ärzten in Praxen und Kliniken, erfolgte jetzt per E-Mail, Telefon, Remote Call, Videoschalte etc. Online Termine und Calls wurden vereinbart und durchgeführt, digitale Veranstaltungen für Ärzte, Kongresse und Fortbildungen wurden ins Leben gerufen.
Die Mitarbeiter wurden digital trainiert und geschult. Zusätzlich zu den Aktivitäten, in denen der Kunde im Fokus war, kamen jetzt noch interne online Meetings dazu. Viele Meetings. Die Tage waren entsprechend voll und der digitale Sales Rep war geboren. Auf einmal war wieder Arbeit da. Viel Arbeit.
Herausforderung Akquisition
Aus eigener Vertriebserfahrung weiß ich, wie zeit- und kräfteraubend die Kalt- und Warmakquisition von Kunden sein kann. Ich habe oft genug selbst erlebt, wie frustrierend diese Tätigkeiten sind, wenn man einfach nicht weiterkommt. Dazu kommt noch ein großer gedanklicher Sprung: Vom Pharmareferent zum gefühlten Call Agent und die Beantwortung der Frage, die sich dazu jede(r) selbst stellen musste: Will ich das?
Back on the Street
Eine kurze Rückkehr in einen normaleren Alltag wurde durch den Sommer 2020 mit sinkenden Corona-Fallzahlen beschert und tausende Pharmareferenten waren wieder on the Road. Die Praxen und Kliniken konnten wieder besucht werden. Es gab zwar strikte Sicherheitsvorkehrungen, dennoch war das Gefühl wieder da ’seine‘ eigentliche Arbeit zurückzuhaben. Die Arbeit, die man als Pharmareferent so schätzt und weswegen man meist den Job macht: die abwechslungsreiche Tätigkeit im Feld und die persönlichen Gespräche mit den Ärzten. Auch war die Empfindung wieder da, dass man wieder frei arbeiten und irgendwie die eigene Planung bestimmen konnte. Die Entscheidung, wenn man nicht termingesteuert war, an der nächsten Kreuzung spontan links oder rechts abzubiegen, war wieder die eigene. Gleichzeitig versuchte man seitens der Unternehmen, die digitalen Errungenschaften aufrechtzuerhalten. Die ersten Schritte hin zu einer hybriden Arbeitsweise wurden unternommen.
Der nächste Lockdown
Die Freude war allerdings nur kurz. Der nächste Lockdown erfolgte. Die Branche war jedoch inzwischen digital sehr gut aufgestellt, so dass der Switch diesmal wirklich einen Wechsel ins Homeoffice darstellte und man darauf souverän reagieren konnte. Auch war deutlicher, welche Ärzte wie kontaktiert werden wollten. Die digitale Welt drehte sich jetzt erheblich schneller. Digitale Prozesse und Strukturen waren im Gegensatz zum ersten Lockdown fest etabliert und professionalisiert. Durch die vorangeschrittene Digitalisierung wurde jedoch auch eines erkennbar: Irgendwie war es für den Außendienst mehr und insbesondere eine andere Arbeit als vor Corona. Auch ohne Corona konnten Praxen Mittwochnachmittag meist nicht besucht werden, die Praxen haben einfach geschlossen. Auch Freitagnachmittag eine Praxis für reale Besuche anzusteuern war und ist meist keine gute Idee. Von einem typischen Montagmorgen in einer Praxis, nach Quartalsende oder zur Grippeimpfungszeiten, spreche ich hier erst gar nicht; weniger willkommen können Sie als Pharmareferent nicht sein.
Insofern waren dann diese Arbeitstage früher relativ kurz. Onlineaktivitäten sind aber 24/7 möglich. Immer. Man muss sich nicht mehr an irgendwelchen Öffnungs- oder Empfangszeiten richten. Auch das Online-Meeting, in der Region, mit seinem Team, mit der Zentrale ist letztendlich immer möglich.
Veränderungen im Feld
Die Besuchs- und damit die Kontaktmöglichkeiten zu den Ärzten sind jetzt signifikant weniger geworden bzw. die Zugänge zu Praxen und Kliniken sind erheblich erschwert. Praxen, die sowieso keine Nachfolger finden konnten, sind nun dauerhaft geschlossen, Assistenzärzte in Kliniken sind neu und strenge Zugangsregeln zu den Häusern machen derzeit spontane Besuche schwer möglich. Die Hausärzte waren und sind in die Corona-Impfungen eingebunden. Die Angestellten in Praxen und Kliniken haben wiederum gemerkt, dass man ohne Pharmabesuche ganz gut zurechtkommt.
Weniger Pharmareferenten in der Praxis bedeuten für das medizinische Fachpersonal geringere Störungen im Praxisablauf und i.d.R. einen früheren Feierabend. So einfach ist das.
Es ist schwieriger geworden
Das heißt: Es ist schwieriger und wesentlich zeit- und planungsintensiver geworden, eine ausreichende Anzahl an Ärzten persönlich zu kontaktieren und zu sprechen. Die Anzahl an Calls im Vergleich zu vor Corona ist somit geringer. Dennoch überwiegt beim Außendienst das positive Gefühl, dass der normale Job wieder greifbar ist. Omikron hat an dieser Situation nicht mehr wirklich viel geändert.
Dass normal vermutlich hybrid in Zukunft heißen wird, ist meist allen klar, jedoch braucht es Zeit, dass das neue Normal als solches akzeptiert wird und damit auch Routine und vom Außendienst gelebt werden kann.
Herausforderung Remote und F2F
Die Herausforderung ist, dass die beiden Bereiche, virtuell und F2F sich diametral gegenüberstehen und extrem schwer zu kombinieren sind. Die Welten sind nur bedingt deckungsgleich.
Ich erlebe das gerade selbst. Einige unserer Kunden lassen nach wie vor alles nur digital laufen, während andere wiederum die Präsenz vor Ort im Coaching und Training bevorzugen. Die Zeit, die man im Auto verbringt, um von einem zum anderen Kunden zu kommen, ist daher plötzlich wieder explodiert. Zeit, die jetzt merklich für andere Dinge fehlt.
Es bedarf einem außerordentlich guten Zeitmanagement, die Tage so zu strukturieren, dass beide Bereiche ineinandergreifen. Die richtige Prioritätensetzung war noch nie so notwendig wie jetzt. Wer eine reine Bürotätigkeit ausübt, ob am angestammten Arbeitsplatz oder jetzt eben im Homeoffice, kann das nur schwer nachvollziehen. Zwar ist natürlich auch hier sehr vieles digital geworden, aber wenn ich den ganzen Tag am Rechner sitze, kann ich per Tastenklick am nächsten Meeting teilnehmen. Wenn das wiederum langweilig ist oder mich nicht wirklich betrifft, schreibe ich währenddessen E-Mails, oder zur Not kann ich auch noch gleichzeitig telefonieren, wenn die Kamera aus ist. Auch die Arbeit an laufenden Projekten ist irgendwie zeitgleich möglich. Ich bin ja in Sekundenbruchteilen wieder online und dabei. In der Zeit zwischen den Meetings kann ich einfach Kunden abtelefonieren. Ich bekomme also trotz ständiger online Präsenz einiges erledigt.
Verloren im Wartezimmer
Der hybride Außendienst fährt, nachdem er gerade seinen Videocall oder sein online Meeting beendet hat, erst mal 30 min, 1 h oder noch länger zum Arzt, also zum persönlichen Termin, sitzt dort oft trotz Termins erst mal eine geraume Zeit im Wartezimmer, um dann im Worst Case, darüber informiert zu werden, dass es heute leider nicht klappt und der Arzt doch keine Zeit hat. Alltag im Außendienstbusiness. Vermeidbar? Nein. Das wäre nur möglich, wenn ich auf die persönlichen Calls verzichten würde. Die haben aber einfach den größten Impact, und es wäre dann ja auch nicht hybrid.
Resilienz im Vertrieb
Aus eigener Erfahrung kenne ich in meiner Aktivität als Fieldcoach auch solche Momente, wenn ich Außendienstmitarbeiter in Form von Doppelbesuchen begleitet habe, dass wir bei Ärzten nach ewiger Wartezeit im Wartezimmer auch mal vergessen wurden. Die Praxis war über Mittag geschlossen und wir saßen dann da. Das kam natürlich nicht oft vor und war ja auch irgendwie lustig. Es zeigt aber, welche geringe Priorität der Außendienstbesuch für die Ärzte i.d.R. hat. Um so erstaunlicher ist es, wie erfolgreich dann doch in den meisten Unternehmen der Vertrieb ist und mit welcher Hartnäckigkeit von den Außendienstmitarbeitern eine Praxis oder Klinik nach der anderen angefahren wird, um dennoch immer wieder abgewiesen, vergessen oder einfach ignoriert zu werden. Hier kann man vom Pharmaaußendienst gelebte Resilienz erfahren und lernen.
Es braucht Zeit
Klar, es ist alles machbar, alles ist irgendwie händelbar. Und dennoch ist die Chance, dass es nicht funktioniert, sehr hoch. Jeder Schritt einzeln betrachtet, um hybrid erfolgreich zu sein, ist umsetzbar. Es sind die vielen kleinen notwendigen Aktivitäten, die dazu führen, dass es für den Außendienst derzeit einfach gefühlt sehr viel ist.
Es ist ein Mehr an Arbeit, ein Mehr an Planung und vor allem sollte aufgrund der Schwierigkeiten, die jetzt im Feld bestehen, die Frustrationstoleranz beim Außendienst deutlich höher sein, als vor Corona. Das funktioniert, das braucht aber Zeit. Zeit, die Unternehmen den Mitarbeitern hier geben sollte. Zeit für den Außendienst, um sich in diese neue Welt einzufinden, die die Mitarbeiter gefühlt aber nicht haben. Viele sind derzeit einfach am Limit.
Zeit- und Selbstmanagement
Zeit- und namentlich Selbstmanagementtraining im Außendienst sollten deshalb hier im Fokus stehen. Insbesondere die Bereiche Aufgabenplanung und Prioritätensetzung sind unter Zeitmanagementaspekten von hoher Relevanz. Es ist kein normales Zeit- und Selbstmanagementtraining, das im Außendienst benötigt wird, es muss genau auf die Bedürfnisse angepasst werden. Technische Tools, die trainiert werden, müssen für den Außendienst passen. Dabei geht es aber nicht um immer wieder neue Tools, sondern darum, das besser zu nutzen, was vorhanden ist, und was man schon kennt. Tools hat der Außendienst bereits genug, diese werden oft nur nicht optimal genutzt. Unter Selbstmanagementaspekten sind das eigene Mindset und die Selbststeuerung wesentliche Aspekte beim Training.
Coaching und kein Training
Insbesondere der Einsatz externer Fieldcoaches kann hier – neben passenden Trainingsmaßnahmen – maßgeblich die notwendigen Transformationsprozesse in den Unternehmen unterstützen. Zwei Dinge sind hier wesentlich:
1. Der Einsatz von externen Coaches
2. Es ist Fieldcoaching und kein Fieldtraining
Extern ist es deshalb so wichtig, weil der Zugang und die Zusammenarbeit mit Außendienstmitarbeitern von Anfang an ein anderes, wesentlich vertrauensvolles Level hat. Ein Level, das mit internen Coaches oder dem eigenen Regionalmanager oder regionalen Vertriebsleiter aus eigener Erfahrung heraus, nie erreicht wird und meiner Meinung auch nicht hilfreich wäre.
Der Unterschied zwischen Fieldcoaching und Fieldtraining mag auf den ersten Blick marginal sein. Aber der Unterschied ist essenziell. Es sollte dabei um echtes Coaching gehen, also sollten auch nur echte Coaches eingesetzt werden und keine Trainer, die nicht gleichzeitig auch Coaches sind. Dem Außendienst zu zeigen, wie man am besten das IPad vor dem Arzt hält, dass man beim Betreten der Praxis freundlich grüßt oder erklärt, dass man Termine optimalerweise digital verwaltet, ist kein Coaching.
Fieldcoachkompetenz und die Wahl des Coaches
Wir haben inzwischen weit mehr als 1.000 Fieldcoachtage für die Pharmaindustrie durchgeführt und inzwischen jede Arztgruppe und die unterschiedlichsten Medikamente kennengelernt – über weltweite Blockbuster bis hin zu absoluten Nischenprodukten. Wir haben Product Launches genauso wie die Vermarktung von Bestandsprodukten im Feld erfolgreich vertriebs- und marketingtechnisch unterstützt. Wir durften zahlreiche Außendienstmitarbeiter bei der Entwicklung hin zu Führungskräften oder anderen Positionen begleiten. Wir waren und sind insbesondere auch immer dann mit dabei, wenn neue Strukturen und Teams innerhalb des Vertriebs geschaffen werden.
Bei der Wahl der Coaches schauen Sie möglichst darauf, dass der Coach von einem der renommierten Coachingverbände, wie DBVC, dvct oder IOBC zertifiziert ist. Das Level Senior Coach sollte vorhanden sein. Ein weiterer Faktor ist aber bei der Wahl eines Coaches entscheidend: Der Coach sollte bereits Fieldcoacherfahrung im Pharmaaußendienst haben.
Kontaktaufnahme
Wenn Fieldcoaching oder passgenaue Trainings für Ihren Außendienst relevant sind, rufen Sie uns gerne an und vereinbaren Sie einen Termin mit uns.
Telefonisch unter 07141-4 87 34 72 oder per E-Mail: info@bsc-cc.de
Wir freuen uns auf Sie!
www.bsc-cc.de
www.passion.wine
www.passion-wine.de
Kategorisiert in: Allgemein, Coaching, Teambuilding, Verkaufstraining
Kommentare sind geschlossen.